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Pressegespräch vor dem "Politischen Aschermittwoch" in Eisleben

Briefe und Wort nützen leider nicht mehr
Am Montagnachmittag, genau 49,5 Stunden vor der geplanten Protestaktion, luden die Veranstalter des politischen Aschermittwochs 2018 zum Pressegespräch in das Rathaus der Lutherstadt Eisleben ein.
Gemeinsam stellen sich Eislebens Oberbürgermeisterin Jutta Fischer, Sangerhausens Oberbürgermeister Sven Strauß, Hettstedts Bürgermeister Danny Kavalier, Bernd Skrypek Bürgermeister der Verbandsgemeinde Mansfelder Grund-Helbra und Martin Blümel, stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Seegebiet Mansfelder Land den eher spärlich vorgetragenen kritischen Fragen der hiesigen Presse.
Zuvor teilten sich die Vertreter der Städte und Gemeinden die Redezeit und gemeinsam hatten sie sich auf bestimmte Themen vorbereitet.
Jutta Fischer forderte nicht erst zum ersten Mal, die finanzielle Mindestausstattung der Kommunen künftig so zu gestalten, dass Städte und Gemeinden nicht mehr nur ihren Pflichtaufgaben nachkommen können, sondern die für die Bürgerinnen und Bürger spürbaren freiwilligen Aufgaben weiterhin bezahlbar zu gestalten oder überhaupt zu ermöglichen. Wichtig ist, dass speziell für die strukturschwache Region MSH Sonderprogramme für den zweiten Arbeitsmarkt angedacht und angeboten werden.
„Wir sprechen hier in der Region von einer verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit, jeder zweite Arbeitslose ist länger als ein Jahr arbeitslos, diesen Teufelskreis müssen wir durchbrechen“, so die Oberbürgermeisterin. In ihrer Argumentation führte sie auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes an, demzufolge die Kommunen mit ausreichend finanziellen Mitteln zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausgestattet werden müssen. Bereits die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Landesentwicklung hat im Jahr 2011 Leitlinien beschlossen, deren Umsetzung noch immer auf sich warten lassen.

Sie führte einige Beispiele an:
- entscheidend für die Entwicklung ländlicher Räume ist die Stärkung ihrer Wirtschaftskraft sowie die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
- ein attraktives, familien- und altersgerechtes Wohn- und Arbeitsumfeld,
- einen hohen Umwelt-, Freizeit- und Kulturwert gilt es zu erhalten.

Sven Strauß hob besonders den Breitensport hervor und betonte, dass dieser künftig wieder besser gefördert werden muss. Es gibt aus seiner Sicht keine Möglichkeiten mehr, dies zu tun. Es geht ihm dabei nicht um den Leistungssport, die Bevölkerung wird immer älter und fitter. Dieses Bedürfnis darf man nicht ignorieren. Er bemerkte weiterhin, anstatt hier zu entlasten, müssen wir die Vereine zunehmend zur Kasse bitten. Ein Zustand, der die Existenz vieler Vereine bedroht. Auch die Kinder- und Jugendarbeit gilt es verstärkt zu unterstützen, um diese frühzeitig an die Region zu binden.
Einen Punkt, der alle Städte und Gemeinden betrifft und sogar nun endlich beim Land angekommen ist, ist das Ehrenamt, das Danny Kavalier so umschrieb: "Wir wollen die Menschen nicht verlieren, die im Ehrenamt 24 Stunden für uns da sind", und meinte damit die vielen ehrenamtlichen Feuerwehrleute, die 365 Tage im Jahr quasi sich im Standby-Modus befinden. Dabei erinnerte er an die Odyssee, die er beim Bau eines Feuerwehrgerätehauses in Hettstedt erfahren musste. Es geht dabei nicht nur um Geld, er kritisiert besonders die Bürokratie, die er nur kurz widerspiegelte. Ähnliche Erfahrungen wusste auch Bernd Skrypek. Hier geht es auch um den Bau eines solchen Hauses, bei dem sich durch die Verzögerungstaktik die Baukosten von den ursprünglichen Angeboten um 500.000 Euro erhöht hätten.
„Das Haus könnte schon längst stehen und die Kameradinnen und Kameraden könnten sich optimal auf mögliche Einsätze vorbereiten, aber so......“.
Skrypek spannte den Bogen zum bürgerschaftlichen Engagement und wies darauf hin, dass Vereins- und Gemeindeleben sowie die „Dorfkultur“ eine wesentliche Triebkraft für eine eigenständige Entwicklung im ländlichen Raum sind. Wenn wir in die Gemeinden schauen, dann findet Kultur und kulturelles Erbe nur auf ehrenamtlicher Basis statt. Noch sind die Leute bereit dazu, aber wie lange noch? Wenn wir es nicht schaffen, hier Unterstützung zu leisten, dann stirbt in absehbarer Zeit die Region und das Wohnen auf dem Land wird zunehmend unattraktiv.
Der fünfte im Bunde war der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde Seegebiet Mansfelder Land, Martin Blümel. Er sieht dringenden Nachholbedarf beim Land, wenn es um die Hilfe für Unternehmen geht, die in Notlagen geraten sind. Aus seiner Sicht fallen die Unternehmen durch`s Netz, welche nicht die Global Player sind und auch nicht die Fünf-Mann-Firma. Er führte das Beispiel von der in der Region ansässigen Firma Romonta. Beim Erdrutsch im Tagebau erhielt die Firma von der Landesregierung keinen einzigen Euro.

Die Firma wird aufgrund seiner gegenwärtigen Größe, ca. 400 Beschäftigte im Kernunternehmen, nicht als „KMU“ (Kleines mittelständiges Unternehmen) geführt, sodass keinerlei Fördermöglichkeit besteht – heißt es.
Aber auch die sogenannten weichen Standortfaktoren der Städte und Gemeinden, die nicht zu den Pflichtaufgaben gehören, aber einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidung potentieller Einwohner und junger Familien haben, können immer weniger bedient werden. So sind die allgemeinen Zuweisungen des Landes seit 2002 pro Jahr um 650.000 Euro gesunken, demgegenüber steht ein Anstieg der zu entrichtenden Umlage, dessen Differenz nur mittels Kassenkredite ausgeglichen werden kann.
Abschließend betonten die Vertreter:
Anlass des ersten politischen Aschermittwochs ist, dass alle bisherigen Hilferufe nach Unterstützung unserer strukturschwachen Region mit verfestigter Langzeitarbeitslosigkeit beim Land Sachsen-Anhalt gescheitert sind. Wir brauchen mehr Geld – ja, aber nicht, um goldene Wasserhähne oder Silberbesteck zu kaufen, sondern wir möchten, dass
das Land Sachsen-Anhalt erkennt, wie wichtig der ländliche Raum ist.
Es gilt die Region fit zu machen und den hier lebenden Menschen eine liebens- und lebenswerte Zukunft zu ermöglichen.
Die Bereitschaft und der Wille der Städte und Gemeinden sind da, es bedarf aber der Unterstützung des Landes, um mit den Städten und Gemeinden die Ziele des Landes zu verwirklichen.
„Ohne Moos nix los.“

Der politische Aschermittwoch beginnt am Mittwoch, 14.2.2018 um 17 Uhr auf dem Markplatz der Lutherstadt Eisleben. Die Veranstaltung wird ca. eine Stunde dauern und wird von Aktionen aus den Städten und Gemeinden begleitet.
Wegen der Veranstaltung wird der Eisleber Marktplatz am Mittwoch ab Höhe Andreaskirche von 16.30 bis 18.30 Uhr für den Fahrzeugverkehr gesperrt.