Reformationstag in der Lutherstadt Eisleben

 Reformationstag in der Lutherstadt Eisleben

4. Rathausgespräch Thema: „Luther und das Kapital“

Großes Besucherinteresse und erwartungsfrohe Stimmung
von Gudrun Riedel

So wie in den anderen Lutherstädten würdigten auch die Eisleberinnen und Eisleber den Tag des Thesenanschlages, der weltweit die Reformation der katholischen Kirche auslöste. Nicht mit einem Fest, sondern in angemessener Form.

Bereits zum 4. Mal veranstaltete die Stadt in enger Zusammenarbeit mit den Kirchen und der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt dieses Rathausgespräch.
In enger Anlehnung an die derzeitige Finanzkriese um im Hinblick auf Themenjahr 2009 der Lutherdekade war das Gespräch mit dem Thema „Luther und das Kapital“ angekündigt.
Im Themenjahr 2009 „Reformation und Bekenntnis“ rückt zu Calvins 500. Geburtstag unter anderem dessen Kirchenverständnis und seine Wirtschaftsethik in den Fokus.
Als Gesprächspartner fungierten der Wittenberger Lutherforscher Dr. Martin Treu von der Luther-Gedenkstättenstiftung und der Geschäftsführende Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes Claus-Friedrich Holtmann. Die Moderation lag in den Händen der freien Hörfunkmitarbeiterin des MDR Dr. Karin Scherf.
Bevor aber das Gespräch begann, hatte der Gemeindekirchenrat der St. Annen Kirche zu einer Kaffeetafel mit Selbstgebackenem eingeladen, um kurz vor der Mittagszeit den kommenden Dingen gestärkt zu harren.

Das Doppelquartett des Martin-Luther-Gymnasiums eröffnete mit einem feinen Liedprogramm das Gesprächsforum. Mit dem Lutherchoral „ Glaub nicht alles was du hörst und sag nicht alles was du weißt“ setzte es musikalische geschulte und gut interpretierte Akzente für die Gesprächsrunde, deren inhaltliche Aussagen nach Wahrheit und Ehrlichkeit heute genau so aktuell sind wie vor 500 Jahren.
So konnte Karin Scherf das Thema des Lutherchorals geschickt aufnehmen und unter Schmunzeln des Publikums die Referenten auffordern: Sagt alles, was ihr wisst!
Und Martin Treu wusste viel launig und verständlich Nachvollziehbares über den Christen und Bibelausleger Martin Luther und seine besondere Beziehung zu Besitz, Eigentum, Geld und Zins zu sagen. Als Lutherkenner wusste er natürlich gleich festzustellen, dass der Begriff „Kapital“ bei Luther nicht verwendet wurde. Ein anderer Deutscher verwendete ihn, Karl Marx mit seinem Buch „ Das Kapital“.

An bekannten Luther-Aussprüchen u. a. „Wer dich bittet, dem gib und wer das Deine nimmt, von dem fordere es nicht zurück“ oder “Tut Gutes und leiht, wo ihr nichts dafür zu bekommen hofft“, belegte Treu: wenn sich Luther mit Wirtschaftsfragen seiner Zeit befasste, sah er sie ausnahmslos in der christlich-ethischen Auslegung von Versen, die in der Bibel begründet sind, von der Gott gewollten christlich-ethischen Seite. Dass Luther bei Geldleihen angemessene Zinsen für angebracht hielt, am Ende des Lebens zu den reichsten Einwohnern Wittenbergs gehörte und er sein familiäres Vermögen in erster Linie der Umsicht und dem Fleiß seiner Frau Katharina verdankte, wusste er darüber hinaus interessant und spaßig zu berichten.

Holtmann nahm die entspannte und sehr aufmerksame Stimmung der Gesprächsrunde auf und meinte im Lutherischen Sinn, dass die Geldleiher nicht zu den Guten und Geliebten gehören, da „die Gier der Bänker nach Profit heute modern geworden ist und das ethische Verhalten zum Geld, zum Verleihen und Anlegen auf der Strecke bleibt“. Die Banken, so stellte er fest, versprechen viel, was eigentlich in Krisenzeiten nicht realisierbar und bezahlbar ist und somit die Staatsverschuldungen weiter in die Höhe treiben. Seine ehrliche Feststellung als profilierter Finanzexperte: „Es wird weiter Krisen geben, aber es steht die Frage: Wie weit lassen wir uns verführen, wie weit gehen wir den Weg mit den Banken gemeinsam und entwickeln eine Verhaltensethik, die in die Zeit passt“ wurde von den Zuhörern staunend, mit Respekt und anerkennend zur Kenntnis genommen.
Einig waren sich Treu und Holtmann auch im lutherischen Sinn die Gesprächsstoffe zusammenfassend: „Drum tue, was du zu tun schuldig bist, ein jeder in seinem Beruf“. Das trifft für den Mann auf der Straße genauso zu wie auf den Bänker.
Jutta Fischer hörte es wohlwollend und versprach, dass zum Martins-Markt erneut Thesen an das Rathaus angeschlagen werden. Sie wünscht sich aber, dass im Sinne des Wittenberger Thesenanschlags reale erfüllbare Wünsche genannt werden, die sie im Bund und Einverständnis mit den Bürgerinnen und Bürgern auch erfüllen kann.