„Reformationsstadt Europa“ - nun gehört die Lutherstadt Eisleben dazu

Die Lutherstadt Eisleben reiht sich seit dem 5.11.2016 in die Schar der Städte ein, die sich „Reformationsstadt Europa“ nennen dürfen.

Prof. Dr. Martin Friedrich von der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) mit Sitz in Wien und Berlin überreichte im Namen der Gesellschaft der Oberbürgermeisterin der Lutherstadt Eisleben eine entsprechende Urkunde.
Es begann als ein innerkirchliches Geschehen, dass ein Mönchsgezänk (Martin Luther) in Deutschland – wie der damalige Papst im fernen Rom abschätzig meinte – sich gegen die Kirche erhob.
Inzwischen ist dieses „Gezänk“ 500 Jahre her und seit dem hat es die Welt verändert.
Die Christengemeinde und die Bürgergemeinde standen nie in einem spannungsfreien Verhältnis zueinander. Aber die Reformation hat beide Gemeinden einander näher gebracht.
Plötzlich konnte sich der einzelne Mensch mit all seinen Sorgen und Nöten unmittelbar an Gott wenden und brauchte nicht mehr die Mittlerschaft durch einen Priester.


Oberbürgermeisterin
präsentiert die Urkunde

Damit ging einher, dass sich die einzelnen mehr und mehr ihrer Verantwortung bewusst wurden.
Fürsten setzten sich für die Kirchenreform ein, Gemeinden übernahmen die Armenfürsorge und die städtischen Räte gründeten Schulen. Der unmittelbare Zweck war, dass alle Bürger – unabhängig von ihrem Stand - fähig sein sollten, die Bibel zu lesen.
Die Reformation blieb nicht lange nur ein innerkirchlicher Umbruch, spätestens mit dem Bauernkrieg 1525 waren ihre politischen Folgen unabsehbar.

Es versteht sich somit von selbst, dass auch Eisleben unter die illustre Schar der bisher 73 Städte in Europa  gehört, die bereits den Titel tragen.
Auch wenn hier natürlich ein Sonderfall ist, aber genau betrachtet, hat jede Stadt ihre eigene Reformationsgeschichte und ist ein Fall für sich. Als eine von zwei Städten in Europa trägt sie den Namen des Reformators, der hier geboren und getauft wurde. Auch wenn er zunächst nur einige Monate in der Stadt lebte, hat er die Verbindung immer aufrecht gehalten und ist bekanntlich dann auch hier gestorben, als er einen Familienstreit zwischen den Mansfelder Grafen schlichtete. Doch neben ihm hat Eisleben einen weiteren wichtigen Reformator hervorgebracht, der seine Stadt sogar als Beinamen trug, Johannes Agricola Eisleben, 1527-36 Pfarrer an St. Petri und Pauli, später als Oberhofprediger und Generalsuperintendent, der Reformator Brandenburgs. Ein Sonderfall ist natürlich auch, dass die Eisleber Reformationsgeschichte nicht die eine Stadt ist, sondern die von zweien der erst 1808 vereinigten Altstadt und Neustadt. Von der Neustadt wurde die Reformation ausgebreitet, und zwar in diesem Falle nicht von städtischen Bürgern, sondern von den Augustinermönchen im Kloster St. Anna, die sich schon 1520 der Reformation ihres Ordensbruders in Wittenberg anschlossen. Da nun in der Annenkirche evangelisch gepredigt wurde, gingen auch viele Bürger der Altstadt dorthin; die Bürgerschaft war schon längst mehrheitlich evangelisch, als die Grafen Albrecht und Gebhard von Mansfeld 1525 die Reformation für Alt- und Neustadt offiziell einführten. Das war gleich verbunden mit der Gründung einer Knabenschule (1546 zum Gymnasium aufgewertet) und 1526, was besonders hervorzuheben ist, kam auch eine Mädchenschule dazu.


Urkunde

Heute ist Lutherstadt Eisleben eine Stadt, die Menschen aller Glaubensrichtungen eine Heimat bietet. Der Titel "Reformationsstadt Europas" ist nicht abschließend gemeint, sondern einschließend, denn er würdigt, dass die Christengemeinde ein Teil der Bürgergemeinde ist und beide miteinander verbunden sind.