7. Rathausgespräch

Das 7. Rathausgespräch, zu dem Oberbürgermeisterin Jutta Fischer am Reformationstag, 31. Oktober 2012, eingeladen hatte, drehte sich um das Thema „Reformation und Toleranz“.
Zuvor erschien Dr. Martin Luther, alias Pfarrer i.R. Peter R. Seeber aus Recklinghausen im Talar des Reformators um wortgewandt und sprachgewaltig den zahlreichen Gästen im Sitzungssaal des Rathauses die wahre Geschichte über den „Thesenanschlag im Jahre 1517 zu Wittenberg“ zu erzählen.
Demzufolge war es Clemens Engelbert, ein Student, der ohne das Wissen seines Lehrers die 95 Thesen eigenmächtig in deutscher und lateinischer Sprache an der Schlosskirche „veröffentlichte“.
Im Anschluss an diese sehr eindrucksvolle Präsentation ehrte Frau Fischer die Französisch- Lehrerin, Frau Debrabant, mit der Ehrennadel der Lutherstadt Eisleben. 

Gerührt von der Ehrung und nach Worten ringend bedankte sich Frau Debrabant für die Auszeichnung.
Ebenfalls im Saal vertreten waren Herr Alsleben, Herr Lindner und Herr Enke, die ebenfalls in diesem Jahr diese Auszeichnung erhalten hatten.
Über das Thema „Reformation und Toleranz“ hatte sich Frau Carstens-Kant, Pfarrerin vom „Zentrum Taufe“ (St. Petri-Pauli Kirche – dem Taufort von Martin Luther), den bereits genannten Pfarrer i.R. Peter R. Seeber und den Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Halle, Andreas Schieweck, an ihre Seite geholt.
Frau Carstens-Kant begann, nachdem sich die Gesprächspartner dem Publikum selbst vorgestellt hatten, mit einem schwierigen Thema aus der Geschichte von Martin Luther.
Sie thematisierte: Luther und die Juden.
Zuvor las sie einige Sätze des Reformators über die Juden.
"Wenn ich könnte", so hatte es Luther formuliert, "würde ich ihn, den Juden, niederstrecken mit meinem Zorn und mit dem Schwert durchbohren."
Oberstaatsanwalt Schieweck war sichtlich beeindruckt von den deutlichen Worten des Reformators und Herr Seeber forderte, nachdem er dem Publikum das Bild der Sau an dessen Zitzen sich Juden laben, was an der Stadtkirche in Wittenberg zu sehen ist: „Die Sau muss da weg und gehört ins Museum!“.
Eine weitere Frage von Frau Carstens-Kant war: Wie definieren Sie Toleranz?
Für Herrn Schieweck besteht Toleranz darin, "den Auffassungen anderer mit Augenmaß und Vernunft entgegenzutreten". Er sei ein großer Anhänger Kants, so der gebürtige Helftaer, der sich selbst als einen "gläubigen Atheisten" bezeichnet, der kein Problem damit hat, auch religiös geprägte Menschen zu seinem Freundeskreis zu zählen. Vor Gericht habe er allerdings schon erlebt, wie Menschen ein und der selben Religion mit Fäusten aufeinander losgegangen sind.
Etwas weiter holte da Herr Seeber aus und erzählte mit einen Lächeln auf den Lippen von seiner Familie und besonders von seinem Enkel. Dabei beschrieb er: „Toleranz ist, wenn in einer Familie alle Anhänger von einem anderen Bundesliga-Verein sind und trotzdem nach den Spielen gemeinsam ein Eis essen.“
Am Ende sprach Frau Carstens-Kant die Diskussionen an, die seit einiger Zeit um den Preis der 16 Lutherstädte „Das unerschrockene Wort“ entstanden sind.
Nachdem die Lutherstadt Wittenberg die Punk-Band Pussy Riot nominiert hatte, rückte dieser Preis in den Focus und wurde teilweise kontrovers diskutiert.
Pfarrer Seeber entschuldigte sich und erklärte, dass er zu diesem Thema nichts sagen möchte. Herr Schieweck zeigte sich solidarisch mit den Sängerinnen, merkte aber gleich an, dass er die Art und Weise in Frage stellte.
Sicher kann man Russland nun nicht mit Deutschland vergleichen. Er verwies auf den
§167 des deutschen Strafgesetzbuches. Darin heißt es:
Wer den Gottesdienst oder eine gottesdienstliche Handlung einer im Inland bestehenden Kirche oder anderen Religionsgemeinschaft in grober Weise stört oder an einem Ort, der dem Gottesdienst einer solchen Religionsgemeinschaft gewidmet ist, beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Dem Gottesdienst stehen entsprechende Feiern einer im Inland bestehenden Weltanschauungsvereinigungen gleich.